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Küsst euch
Predigt vor der Einweihung des Hochzeitswegs in der Kommune Bischoffen am 22.3.2009

Abgedruckt in: Miteinander.
Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Niederweidbach, Nr. 53, Mai-September 2009, 5-7.

Küsst euch. Küssen ist beliebt. Küssen ist gesund. Wer viel küsst, muss weniger zum Arzt. Eigentlich sollten Ärzte Küssen per Rezept verordnen. Küssen ist die beste Medizin. Küssen beansprucht den ganzen Körper. Küssen heilt. Küssen stärkt die Immunabwehr. Küssen macht schön. Küssen macht schlank, Küssen verbraucht Kalorien. Der Rekord im Dauerküssen liegt bei 417 Stunden. Wer küsst, ist weniger aggressiv. Männer und Frauen die zur Arbeit gehen und beim Abschied geküsst werden, gehen entspannter in den Tag, machen weniger Unfälle und sind erfolgreicher im Beruf.

Im Lippen- und Mundbereich sind empfindliche Nerven. Daher löst ein leidenschaftlicher Kuss ein regelrechtes Feuerwerk aus. Der Puls geht auf 120, das Blut zirkuliert rascher, der Kreislauf gerät in Trab. Die Körpertemperatur steigt. Der Hormonspiegel schießt in die Höhe. Adrenalin und Glückshormone werden ausgeschüttet. Der Stoffwechsel wird angeregt. Küssende bekommen glasig-glänzende Augen. Sie sind von Gefühlen des Wohlbehagens durchströmt. Schmerzen sind weggefegt. Küssende schlüpfen für Minuten emotionaler Aufwallung in einen Kokon, der sie von der Außenwelt abschirmt.

Küsst euch. Babys werden geküsst. Kinder werden geküsst. Jugendliche suchen sich dann in der Pubertät eigene Kusspartner und Kusspartnerinnen ab 11/12 Jahren. Liebende küssen und Paare. Manchmal küssen Geschwister einander.
Angeblich gibt es rund 200 Kussarten. Küssen ist kulturell unterschiedlich. In Südeuropa küsst man anders als in Nordeuropa und in anderen Erdteilen. Wir kennen den Begrüßungskuss und den Abschiedskuss. Das Wangenküsschen kam aus dem Süden zu uns. Ein lockerer, jugendlicher Begrüßungskuss. Es gibt den Luftkuss, den Lippenkuss und den Nasenkuss.

Küssen ist kulturell unterschiedlich, das merkt man auch, wenn man den Kuss in der Bibel betrachtet. Da gibt es den Begrüßungskuss. Er ist im Orient zur Zeit der Bibel eine gewohnte Form ehrerbietiger Begrüßung. Man umarmt sich dabei. Kuss auf die rechte Wange, Kuss auf die linke Wange. So begrüßen sich Jakob und Esau, die Brüder, die sich jahrelang gestritten hatten. So gibt sich Joseph seinen Brüdern zu erkennen. So empfängt der Vater den verlorenen Sohn. So nahm Paulus von den Ältesten der Gemeinde in Ephesus Abschied. In der Bibel gibt es den Handkuss. Dabei beugt man sich zur Hand des anderen nieder, küsst die Hand und führt die Hand dann an seine Stirn. Es gibt den Kuss, bei dem das Obergewand eines Vornehmen mit den Lippen gestreift wird. Auch dieser Kuss zeigt die Ergebenheit. Mit einem Kuss grüßte man Vater, Mutter, Sohn, Bruder, Freunde, Verwandte. Auch beim Abschied küsste man sich. Der Gastgeber begrüßte den Gast mit einem Kuss. Und Liebende küssen sich natürlich.

Der Kuss ist ein Zeichen der Liebe, der Ehrerbietung. Es gibt aber auch andere Küsse. In der Bibel gibt es den Kuss der Füße. Dieser Kuss ist entweder eine tiefe Unterwerfung oder eine Demütigung, weil man die staubigen Füße berührt. Einmal küsst eine Frau die Füße von Jesus. Sie zeigte damit Jesus ihre Dankbarkeit und ihre Hingabe. Jesus hatte ihr gerade Gottes Vergebung verkündet. Es gibt Küsse der Gewohnheit, Küsse ohne Liebe und falsche Küsse. Es gibt den Kuss der Feindschaft. Sprüche 27,6: „Ein Freund bleibt dein Freund, auch wenn er dir wehtut; ein Feind überfällt dich mit übertrieben vielen Küssen.„
Ein falscher Kuss war auch der Kuss, mit dem Jesus verraten wurde. Markus 14,44-45: „Der Verräter hatte mit ihnen ein Erkennungszeichen ausgemacht: »Wem ich einen Begrüßungskuss gebe, der ist es. Den nehmt fest und führt ihn unter Bewachung ab!« Judas ging sogleich auf Jesus zu, begrüßte ihn mit »Rabbi!« und küsste ihn so, dass alle es sehen konnten. Da packten sie Jesus und nahmen ihn fest.„ Eigentlich ist das der Kuss zwischen dem Schüler und dem Rabbi, ein Begrüßungskuss, aber es ist in Wirklichkeit ein falscher Kuss. Dieser Kuss ist eine Station in der Leidensgeschichte von Jesus. Vom Abendmahl kommend wird er hier im Garten Getsemani durch einen Kuss verraten. Es folgt die Verhaftung, das Verhör, das falsche Urteil, die Kreuzigung und der Tod. Es folgt aber auch die Auferweckung.

In den Briefen des Apostels Paulus begegnet ein weiterer Kuss, der heilige Kuss in der Gemeinde. Paulus fordert die Gemeinde auf: „Grüßt einander mit dem heiligen Kuss„ (Römer 16,16 und öfter). Dieser Kuss wird auch als Kuss der Liebe, der christlichen Liebe genannt (1. Petrus 5,14). Die Gemeinde war eine küssende Gemeinschaft aus Nächstenliebe, aus Geschwisterliebe. Christen und Christinnen sind Geschwister im Herrn und so ist der Kuss ein Geschwisterkuss.
Häufig küssen sich Paare bei der kirchlichen Trauung nach dem Bekenntnis zueinander und nach dem Segen in der Kirche vor dem Altar. Dieser Kuss ist ein Abschluss, ein Höhepunkt nach der standesamtlichen Trauung, dem Bekenntnis und dem Segen, ein öffentliches Bekenntnis vor der Gemeinde. Viele Fotographen springen, um den Kuss zu fotographieren.

Menschliche Nähe bleibt immer menschlich - und doch kann menschliche Zärtlichkeit und Liebe ein Bild sein für Gott, der sich uns zuwendet und hält. Die Bibel und die Kirchenlieder sprechen davon. Gott hat seinen Sohn auf die Erde geschickt als Ausdruck seiner Liebe und um uns zu retten. Der Kuss der Liebe erinnert uns daran, liebevoll miteinander umzugehen. Der Kuss der Gemeinschaft sagt uns, dass die Kirchengemeinde eine Gemeinde ist, in der Nächstenliebe und Geschwisterliebe zählt. Der Kuss der Brautpaare sei eine Erinnerung für alle, die in einer Partnerschaft leben, sich zu versöhnen und zu vergeben. Falsche Küsse seien ferne von uns. Küssen ist – so betrachtet – geradezu ein Medikament für viele Krankheiten unserer Zeit. Ein Medikament für Eheprobleme, gegen Scheidungen, gegen Aggression, Gewalt und Lieblosigkeit.

Frank Rudolph